Rainer Maria Rilke wurde am 4. Dezember 1875 in Prag geboren; und starb am 29. Dezember 1926 in Montreux. Sein Leben wurde überschattet durch den Tod der älteren Schwester, die nur 1 Woche nach der Geburt starb. Als Rilke ein Jahr später geboren wurde, hatte seine Mutter den Tod der Tochter noch nicht verarbeitet. Dies hatte Auswirkungen auf Rilke, der von der Mutter in den ersten Lebensjahren als Mädchen erzogen wurde. Nach der "Volksschule" besuchte Rilke eine "Militär-Unterrealschule" in St. Pölten. die er nach sechs Jahren krankheitsbedingt abbracht; auch sagte ihm der militärische Drill nicht zu. Zurück in Prag studierte Rilke – nach bestandener Matura - Literatur, Kunstgeschichte und Philosophie. Nach einem Jahr wechselte er zur Ludwig-Maximilians-Universität in München und begann dort im Jahr 1896, mit dem Studium der Rechtswissenschaften. Im Laufe seines Lebens begegnete Rilke immer wieder Menschen, die ihn wohlwollend begleiteten, ihn förderten, bzw. seine schriftstellerische Laufbahn unterstützten und ihn auch insgesamt positiv beeinflussten. Rilke starb nach einem unsteten Leben, am 29. Dezember 1926 im Alter von 51 Jahren in einem Sanatorium in der Nähe von Montreux an Leukämie. Rilke hinterlässt uns in seinen Werken eine außergewöhnliche Sichtweise auf das Leben; eine Sichtweise, die er in seinem Leben meist auch selbst verkörperte.
aus: Briefe an einen jungen Dichter
... ich möchte Dich bitten,
so gut ich es kann, Geduld zu haben
für alles Ungelöste in Deinem Herzen
und zu versuchen, die Fragen selbst zu lieben
wie verschlossene Stuben und wie Bücher, die in
einer sehr fremden Sprache geschrieben sind.
Forsche jetzt nicht nach den Antworten,
die Dir nicht gegeben werden können,
weil Du sie nicht leben könntest.
Denn es handelt sich darum, alles zu leben.
Lebe jetzt die Fragen.
Vielleicht lebst Du dann allmählich,
ohne es zu merken, eines fernen Tages
in die Antwort hinein ....
aus: Stundenbuch 1899
Ich lebe mein Leben in wachsenden Ringen
Ich lebe mein Leben in wachsenden Ringen,
die sich über die Dinge ziehen.
Ich werde den letzten vielleicht nicht vollbringen,
aber versuchen will ich ihn.
Ich kreise um Gott, um den uralten Turm,
und ich kreise jahrtausendelang;
und ich weiß noch nicht: bin ich ein Falke, ein Sturm
oder ein großer Gesang ...
aus: Briefe an einen jungen Dichter
Vielleicht sind alle Drachen in unserem Leben Prinzessinnen,
die nur darauf warten, dass wir einmal schön und mutig handeln.
Vielleicht ist alles, was uns Angst macht, in seinem tiefen Wesen
etwas Hilfloses, das unsere Liebe will.
aus: Briefe an einen jungen Dichter
Deshalb ... liebe deine deine Einsamkeit und versuche, den Schmerz, den sie dir bereitet, auszusingen.
Denn die, die dir nahe sind, sind fern ... und das zeigt, dass der Raum um dich herum beginnt, weit zu werden ...
freue dich über dein Wachstum, bei dem du natürlich niemanden mitnehmen kannst, und sei sanft zu denen,
die zurückbleiben; sei zuversichtlich und ruhig vor ihnen und quäle sie nicht mit deinen Zweifeln und erschrecke
sie nicht mit deinem Glauben oder deiner Freude, die sie nicht verstehen könnten.
Suche ein einfaches und wahres Gefühl dessen, was du mit ihnen gemeinsam hast, das sich nicht unbedingt
ändern muss, wenn du dich selbst immer wieder veränderst; wenn du sie siehst, liebe das Leben in einer Form,
die nicht deine eigene ist, und sei nachsichtig gegenüber denen, die alt werden, die Angst vor der Einsamkeit
haben, der du vertraust ...
und erwarte keine Verständnis; sondern glaube an die Liebe, die wie ein Erbe für dich aufbewahrt wird, und vertraue darauf, dass in dieser Liebe eine so große Kraft und ein so großer Segen liegt, dass du so weit reisen kannst wie du willst, ohne sie verlassen zu müssen.
aus: Briefe an einen jungen Dichter
Der Sinn der Ehe besteht nicht darin, durch Niederreißen aller Grenzen, eine schnelle Gemeinsamkeit herzustellen; im Gegenteil, eine gute Ehe ist eine in der jeder Partner den anderen zum Hüter seiner Einsamkeit bestimmt und sie sich so gegenseitig das größtmögliche Vertrauen entgegenbringen.
Eine Verschmelzung zweier Menschen ist eine Unmöglichkeit und wo sie zu bestehen scheint, ist sie eine Einengung, ein gegen gegenseitiges Einverständnis, das einem oder beiden Partner ihre vollste Freiheit und Entfaltung raubt.
Aber wenn einmal die Erkennt akzeptiert ist, dass selbst zwischen den engsten Menschen unendliche Entfernungen bestehen, kann ihnen ein wunderbares Zusammenleben erwachsen, wenn es ihnen gelingt, die Weite zwischen ihnen zu lieben, die ihnen die Möglichkeit gibt, einander immer als Ganzes und vor einem unermesslichen Himmel zu sehen.
aus: Briefe an einen jungen Dichter
Warum willst du jede Unruhe, jedes Elend, jede Niedergeschlagenheit aus deinem Leben ausschließen, da du doch nicht weißt, was diese Zustände in dir bewirken? Warum willst du dich mit der Frage verfolgen, woher das alles kommt und wohin es geht? Da du doch weißt, dass du mitten Übergängen steckst und dir nichts sehnlicher wünschst, als dich zu ändern. Wenn in deinen Reaktionen etwas Ungesunden ist, so denke nur daran, dass Krankheit das Mittel ist, durch das sich ein Organismus von dem Fremden befreit; man muss ihm also einfach helfen krank zu sein, seine ganze Krankheit zu haben und mit ihr auszubrechen, denn so wird er gesund.
aus: Briefe an einen jungen Dichter
Warum willst du jede Unruhe, jedes Elend, jede Niedergeschlagenheit aus deinem Leben ausschließen, da du doch nicht weißt, was diese Zustände in dir bewirken? Warum willst du dich mit der Frage verfolgen, woher das alles kommt und wohin es geht? Da du doch weißt, dass du mitten Übergängen steckst und dir nichts sehnlicher wünschst, als dich zu ändern. Wenn n deinen Reaktionen etwas Ungesunden ist, so denke nur daran, dass Krankheit das Mittel ist, durch das sich ein Organismus von dem Fremden befreit; man muss ihm also einfach helfen krank zu sein, seine ganze Krankheit zu haben und mit ihr auszubrechen, denn so wird er gesund.
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